Du kennst das bestimmt:
Dein Azubi soll endlich selbstständiger werden. Du willst Vertrauen zeigen, Verantwortung abgeben, Entwicklung ermöglichen.
Azubis im Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Kontrolle
Doch plötzlich läuft’s schief – und Du denkst: „Das hätte ich wissen müssen.“
Oder umgekehrt: Du bleibst zu lange im Kontrollmodus, nimmst alles doppelt in die Hand – und Dein Azubi schaltet innerlich ab.
Willkommen im Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Kontrolle.
Hier entscheidet sich, ob Ausbildung zu einem echten Erfolgsfaktor wird – oder zu einem Dauer-Feuerlöscheinsatz.
Das Dilemma: Wann ist der richtige Zeitpunkt zum Loslassen?
Viele Ausbilder:innen erleben denselben Widerspruch:
Wenn sie zu früh loslassen, riskieren sie Fehler, Chaos oder Überforderung.
Wenn sie zu spät loslassen, ersticken sie Eigeninitiative und Lernlust.
Beides kostet am Ende dasselbe: Motivation und Wirksamkeit.
Der Schlüssel liegt nicht im „ob“, sondern im „wie“ des Loslassens.
Vertrauen ist kein Freifahrtschein – sondern ein Führungsinstrument, das bewusst gesteuert werden muss.
Vertrauen ist kein Bauchgefühl – es ist ein Prozess.
Vertrauen in der Ausbildung entsteht nicht plötzlich. Es wächst – Schritt für Schritt, Erfahrung für Erfahrung.
Das bedeutet: Du kannst es gezielt aufbauen, prüfen und vertiefen.
Hier sind drei Leitsätze, die Dir helfen, Vertrauen professionell zu gestalten:
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Vertrauen ist ein Vorschuss, keine Belohnung.
Warte nicht, bis Dein Azubi alles perfekt macht. Gib kleine Vertrauensräume, bevor er sie beweist – aber mit klaren Leitplanken. -
Vertrauen braucht Feedback, keine Kontrolle.
Feedback ist nicht Kontrolle. Feedback ist das Navigationssystem, das Orientierung gibt – ohne zu lenken. -
Vertrauen wächst an Klarheit.
Je klarer Dein Azubi weiß, was erwartet wird, desto selbstständiger kann er handeln. Unklare Erwartungen zerstören Vertrauen schneller als jeder Fehler.
Praxis: So findest Du die Balance im Alltag
Hier kommen 5 konkrete Tipps, mit denen Du Kontrolle und Vertrauen gezielt austarierst:
1️⃣ Fang klein an – aber fang an.
Gib bewusst kleine Aufgaben ab, die überschaubar, aber relevant sind.
Beispiel: Dein Azubi darf das Kundentelefon für eine Stunde selbst übernehmen oder den Wareneingang dokumentieren.
Wichtig: Sprich danach kurz darüber, was gut lief – und was gelernt wurde. So wird Vertrauen spürbar.
2️⃣ Kontrolliere nicht, sondern begleite.
Statt „Ich schau nach, ob’s richtig ist“ sag lieber:
„Ich bin gespannt, wie Du’s gelöst hast – erklär’s mir mal.“
So bleibt die Verantwortung beim Azubi, und Du bleibst Coach statt Korrektor.
3️⃣ Mach Vertrauen messbar.
Frag Dich regelmäßig: Wieviel Verantwortung kann mein Azubi aktuell tragen?
Wobei braucht er noch Führung?
Wo habe ich vielleicht zu früh losgelassen oder zu spät eingegriffen?
Ein Mini-Reflexionsprotokoll (z. B. 1x im Monat) hilft, bewusst zu führen statt reaktiv zu reagieren.
4️⃣ Greif früh ein – aber klug.
Wenn Du merkst, dass Dein Azubi ins Straucheln kommt, gilt:
Nicht abnehmen, sondern strukturieren.
Hilf, das Problem zu verstehen und eine Lösung zu finden – gemeinsam. Das zeigt Führungsstärke, ohne Eigenverantwortung zu zerstören.
5️⃣ Erklär Dein Vertrauen.
Viele Azubis wissen gar nicht, dass Du ihnen gerade vertraust. Sag es offen:
„Ich gebe Dir das, weil ich überzeugt bin, dass Du das kannst – und weil ich will, dass Du Dich traust, zu wachsen.“
So wird Vertrauen zur Botschaft – nicht zum Zufall.
Fazit: Vertrauen ist Führung – nicht Freiheit
Erfolgreiche Ausbildung braucht keine Daueraufsicht, sondern bewusste Steuerung.
Du musst nicht alles wissen, kontrollieren oder absichern.
Aber Du musst wissen, wann Du loslässt – und wie Du begleitest.
Vertrauen ist kein Risiko.Vertrauen ist das, was aus einem Azubi einen echten Mitdenker macht.
Und aus Dir – einen Ausbilder, der wirkt.