Azubis im Spannungsfeld: Zwischen Kontrolle und Vertrauen

Vertrauen ist kein Bauchgefühl – es ist Führung mit System. Viele Ausbilder:innen kennen das Dilemma: Gibst Du zu früh Verantwortung ab, läuft’s schief. Kontrollierst Du zu lange, bremst Du Motivation und Eigeninitiative. In diesem Blogartikel erfährst Du, wie Du die Balance zwischen Kontrolle und Vertrauen findest – und warum genau sie der Schlüssel zu wirksamer Ausbildung ist.
Zwischen Kontrolle und Vertrauen
Frust bei Azubis

Du kennst das bestimmt:

 

Dein Azubi soll endlich selbstständiger werden. Du willst Vertrauen zeigen, Verantwortung abgeben, Entwicklung ermöglichen.

Azubis im Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Kontrolle

Doch plötzlich läuft’s schief – und Du denkst: „Das hätte ich wissen müssen.“

Oder umgekehrt: Du bleibst zu lange im Kontrollmodus, nimmst alles doppelt in die Hand – und Dein Azubi schaltet innerlich ab.

Willkommen im Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Kontrolle.


Hier entscheidet sich, ob Ausbildung zu einem echten Erfolgsfaktor wird – oder zu einem Dauer-Feuerlöscheinsatz.

Das Dilemma: Wann ist der richtige Zeitpunkt zum Loslassen?

Viele Ausbilder:innen erleben denselben Widerspruch:

  • Wenn sie zu früh loslassen, riskieren sie Fehler, Chaos oder Überforderung.

  • Wenn sie zu spät loslassen, ersticken sie Eigeninitiative und Lernlust.

Beides kostet am Ende dasselbe: Motivation und Wirksamkeit.

Der Schlüssel liegt nicht im „ob“, sondern im „wie“ des Loslassens.
Vertrauen ist kein Freifahrtschein – sondern ein Führungsinstrument, das bewusst gesteuert werden muss.

Vertrauen ist kein Bauchgefühl – es ist ein Prozess.

Vertrauen in der Ausbildung entsteht nicht plötzlich. Es wächst – Schritt für Schritt, Erfahrung für Erfahrung.
Das bedeutet: Du kannst es gezielt aufbauen, prüfen und vertiefen.

Hier sind drei Leitsätze, die Dir helfen, Vertrauen professionell zu gestalten:

  1. Vertrauen ist ein Vorschuss, keine Belohnung.
    Warte nicht, bis Dein Azubi alles perfekt macht. Gib kleine Vertrauensräume, bevor er sie beweist – aber mit klaren Leitplanken.

  2. Vertrauen braucht Feedback, keine Kontrolle.
    Feedback ist nicht Kontrolle. Feedback ist das Navigationssystem, das Orientierung gibt – ohne zu lenken.

  3. Vertrauen wächst an Klarheit.
    Je klarer Dein Azubi weiß, was erwartet wird, desto selbstständiger kann er handeln. Unklare Erwartungen zerstören Vertrauen schneller als jeder Fehler.

Praxis: So findest Du die Balance im Alltag

Hier kommen 5 konkrete Tipps, mit denen Du Kontrolle und Vertrauen gezielt austarierst:

1️⃣ Fang klein an – aber fang an.

Gib bewusst kleine Aufgaben ab, die überschaubar, aber relevant sind.


Beispiel: Dein Azubi darf das Kundentelefon für eine Stunde selbst übernehmen oder den Wareneingang dokumentieren.
Wichtig: Sprich danach kurz darüber, was gut lief – und was gelernt wurde. So wird Vertrauen spürbar.

2️⃣ Kontrolliere nicht, sondern begleite.

Statt „Ich schau nach, ob’s richtig ist“ sag lieber:
„Ich bin gespannt, wie Du’s gelöst hast – erklär’s mir mal.“
So bleibt die Verantwortung beim Azubi, und Du bleibst Coach statt Korrektor.

3️⃣ Mach Vertrauen messbar.

Frag Dich regelmäßig:
✅ Wieviel Verantwortung kann mein Azubi aktuell tragen?
✅ Wobei braucht er noch Führung?
✅ Wo habe ich vielleicht zu früh losgelassen oder zu spät eingegriffen?


Ein Mini-Reflexionsprotokoll (z. B. 1x im Monat) hilft, bewusst zu führen statt reaktiv zu reagieren.

4️⃣ Greif früh ein – aber klug.

Wenn Du merkst, dass Dein Azubi ins Straucheln kommt, gilt:

Nicht abnehmen, sondern strukturieren.

 

Hilf, das Problem zu verstehen und eine Lösung zu finden – gemeinsam. Das zeigt Führungsstärke, ohne Eigenverantwortung zu zerstören.

5️⃣ Erklär Dein Vertrauen.

Viele Azubis wissen gar nicht, dass Du ihnen gerade vertraust. Sag es offen:

„Ich gebe Dir das, weil ich überzeugt bin, dass Du das kannst – und weil ich will, dass Du Dich traust, zu wachsen.“

So wird Vertrauen zur Botschaft – nicht zum Zufall.

Fazit: Vertrauen ist Führung – nicht Freiheit

Erfolgreiche Ausbildung braucht keine Daueraufsicht, sondern bewusste Steuerung.
Du musst nicht alles wissen, kontrollieren oder absichern.
Aber Du musst wissen, wann Du loslässt – und wie Du begleitest.

Vertrauen ist kein Risiko.Vertrauen ist das, was aus einem Azubi einen echten Mitdenker macht.
Und aus Dir – einen Ausbilder, der wirkt.

Vertrauen Leadership

Mit über 25 Jahren Erfahrung in Ausbildung, Praxis und Führung vereint Astrid Leitl tiefes Fachwissen mit echter Leidenschaft. Ihre Mission: Ausbildungs- und Fortbildungsprozesse so gestalten, dass sie nicht nur funktionieren – sondern begeistern und nachhaltig wirken.

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Astrid Leitl

Gepr. Berufspädagogin (IHK) / Master Professional of Vocational Training (CCI)